Paartherapie, Personzentrierte Beratung & Weiterbildung (GwG e.V.) 
Jennifer Angersbach

Einleitung

Das Besondere an dieser Folge? Es ist meine erste Folge für die Entspannungshelden-App. Die App ist wie ein Schweizer Taschenmesser gegen jegliche Form von Stress und wird ab März 2024 kostenlos im Appstore erscheinen. Die Premiumversion wird ca. 12,99€ kosten und von Krankenkassen gefördert: Entspannung für die Hosentasche, wann und wo Du willst. Ein echter Gamechanger für Deine Gesundheit mit hochkarätigen Kooperationen, wie beispielsweise Psychologin Stefanie Winke, Yogalehrerin Ina Häselhoff und Renan Siedentopf. Ich werde den Bereich Liebe und Partnerschaft abdecken.

Und dann gibt es noch eine zweite Neuigkeit: Ab Oktober 2024 werde ich in 'Personzentrierter Gesprächsführung' weiterbilden. Insgesamt dauert die berufliche Weiterbildung drei Jahre und schließt mit dem Abschluss "Personzentrietre Beraterin / Personzentrierter Berater" ab. Die Weiterbildung kann aber auch für ein Modul besucht werden, falls es Dir vor allem um die Grundlagen der Personzentrierten Beratung geht. Ein GwG-Zertifikat gibt es bereits nach dem zweiten Modul, damit kannst Du bereits anfangen Dich zu spezialisieren und entweder den Berater abschließen oder Dich in anderen Bereichen spezialisieren (Coaching, Supervision, Therapie). Informationen zu den Infoveranstaltungen findest Du auf meiner Webseite.

Die Sprache der Liebe

Vielleicht hast Du schon einmal von dem Buch "Die 5 Sprachen der Liebe - Wie Kommunikation in der Partnerschaft gelingt" gehört? Gary Chapman, selbst ein glücklich verheirateter Pastor hat herausgefunden, dass es fünf Sprachen der Liebe gibt und es ist in der Tat ähnlich wie mit einer Fremdsprache, wenn zwei Menschen die Sprache des Anderen nicht fließend sprechen, so kommt es zu Missverständnissen, Konflikten und gar zu großen Krisen und Trennungen.

Liebe ist ein Grundbedürfnis, wir streben nach Verbindung. Wir heilen in Beziehung, was in Beziehung verletzt wurde. Wir können innerhalb der Partnerschaft Bindungserfahrungen korrigieren, unseren Selbstwert erhöhen, Selbstvertrauen stärken, uns verändern und über uns hinaus wachsen. Je sicherer wir uns in Beziehung fühlen, je verstandener und akzeptierter, desto größer die Wahrschienlichkeit der Selbstaktualisierung. Klingt super, oder? 

Doch nun die Kehrseite: Verletzungen, Zweifel, Mangel an Selbstwert und Selbstvertrauen, Ängste und Verluste, sowie Enttäuschungen und Kränkungen finden meist eben auch in Beziehung statt und haben dort ihren Ursprung.


Doch hier in diesem Beitrag soll es nicht um die Korrektur von Bindungserfahrungen gehen, einen Mangel an Selbstliebe oder Konflikte ausgelöst durch verletzte innere Kinder, sondern um die Konflikte und Krisen die durch verschiedene Sprachen ausgelöst werden. Angelehnt und inspiriert von Gary Chapmans Buch.

Liebe - Ein Grundbedürfnis

Chapman vergleicht die Liebe mit einem Tank, ist er leer, geht nichts mehr. Liebe ist also ein Kraftstoff. Leider können wir nicht einfach zur Tankstelle fahren, sondern sind darauf angewiesen, dass jemand unseren Tank füllt. Doch was, wenn mein Partner mit Gas fährt und ich mit Benzin? Ein Benziner mit Gas zu befüllen funktioniert halt nicht.

Aber das ist noch lange kein Grund zur Trennung! 

Letztendlich sind wir ja ohnehin alle unterschiedlich und auch unser Verständnis von Liebe ist individuell. Ich persönlich definiere Liebe als Akzeptanz. Das beinhaltet in meiner Welt die Bereitschaft, den Anderen immer wieder verstehen und besser kennenlernen zu wollen, um das Verhalten, die Sorgen, aber auch die Zuneigungsbekundungen, Wünsche und Bedürfnisse immer besser kennen und lesen zu lernen. Im Idealfall werde ich mit dem Menschen an meiner Seite immer 'sicherer', so sicher, dass ich mich mit all meinen Sorgen, Ängsten, Schwächen, Bedürfnissen und auch schambhefateten Erfahrungen, sowie aktuellen Verletzungen zumuten kann und mein Partner im Gegenzug eben auch. Das stärkt nicht nur das eigene Selbstvertrauen, dadurch, dass mein Gegenüber mir zutraut ihn auszuhalten, für ihn da zu sein und sich mir öffnet, sondern eben auch die Verbindung. Es ist ein gegenseitiges Zähmen, wie beim kleinen Prinzen und dem Fuchs. Man zeigt sich verletztlich, ist offen und bereit sich verändern zu lassen, zu wachsen und erschafft eine emotionale Verbindlichkeit, die Halt gibt, Sicherheit und Erfahrungen korrigieren kann.

Und vielleicht strebst Du oder ihr Ähnliches an und seid nun über diesen Beitrag gestolpert. Die Sprachen der Liebe. Vielleicht kennst Du Deine eigene Sprache bereits, vielleicht hast Du eine Vermutung und vielleicht bist Du noch vollkommen irrtiert und wartest darauf, welche fünf Sprache der Liebe es gibt.

Wie bereits gesagt, Unterschiede auch hinsichtlich der Liebessprache sind vollkommen normal, können jedoch - bei Unwissenheit - fatale Auswirkungen haben: Missverständnisse, Enttäuschungen, Streit, Rückzug, Distanz bis ihr irgendwann die Verbindung verliert. Um das vorzubeugen macht es Sinn frühzeitig oder eben spätestens jetzt herauszufinden, was Du oder ihr braucht, um euch geliebt zu fühlen? Was ist für Dich und Deinen Partner wichtig, um eine Partnerschaft als glücklich, erfüllt und sicher beschreiben zu können?

Nein, dazu braucht es kein Fachbuch, keinen Ratgeber und hier gibt es kein 'richtig oder falsch', aber die Sprachen der Liebe ermöglichen eine Art 'Icebreaker' oder Impuls, der Dich und euch anregen kann, euch und einander besser kennzulernen, zu verstehen und deutlich sicherer im Umgang miteinander zu werden.

Die Sprache der Liebe, ich habe es gerade schon mehr oder weniger benannt, bedeutet platt gesagt, die Art und Weise wie jemand seine Liebe zeigt und durch was er sich geliebt fühlt:

Kürzlich hatte ich ein Paar bei mir, beide sehr leidenschaftlich und aktuell sehr unglücklich. Er, ein erfolgreicher Geschäftsmann, fühlte sich ungeliebt, seine Frau wisse ihn kaum mehr zu schätzen, sage ihm immer seltener wie sehr und was sie an ihm liebt. Schlimmer noch, ständig würde sie ihn kritisieren, er wäre nie da, sehe die Dinge die getan werden müssen nicht und würde auch nach Aufforderung seinen Rollen als Vater und Mann nicht nachkommen.

Sie kochte vor Wut als er mir davon erzählte. Er würde ihr nur Komplimente machen, wie toll sie alles hinkriege ohne mal auf die Idee zu kommen, dass sie sich Unterstützung wünscht. Letztens musste dann der Nachbar die Hecke schneiden. Und das war der Auslöser für ihren Anruf bei mir.

Hast Du bereits eine Ahnung, um was es hier geht?

Die 5 verschiedenen Sprachen der Liebe

1. Lob (Anerkennung & Komplimente)

Komplimente, Bewunderung, Anerkennung und Lob. Menschen deren Liebessprache "Lob" ist, machen selbst für ihr Leben gerne Komplimente und fühlen sich durch diese geliebt. "Toll siehst Du heute aus!" oder "Du bist so eine wundervolle Mutter!" oder "Oh mein Gott! Das Essen ist fantastisch!!!!" Es geht hier also nicht nur um Oberflächliches, sondern grundsätzlich um alles, was man eben so hervorheben kann: Charaktermerkmale, Leistung, Handlungen, Wert, Stärken, Optik, usw.

Jedes Kompliment kann also mit einem "Ich liebe Dich!" übersetzt werden. Und jede Anerkennung, die sie bekommen, wird als "Ich liebe Dich!" verstanden.

Und nun stell Dir mal vor, Dein Partner sagt zu Dir: "Ich liebe Dich" in eben seiner Sprache und formuliert: "Du warst hier aber fleißig heute!" und Du erwiderst auf dieses "Ich liebe Dich!", dass Du Dir davon nichts kaufen kannst.

Andersrum fühlt sich Dein Partner nicht geliebt, wünscht sich Anerkennung und statt: "Wow, toll machst Du das!" hört er ein: "Brauchst Du Hilfe?". Also praktisch das Gegenteil von "Ich liebe Dich" in seiner Welt.

Das Problem: Mit Anerkennung und Lob tun sich viele Menschen schwer. Entweder, weil sie es selbst kaum bekommen haben (und wir werten meist ab, was uns vorenthalten wird und wurde und sagen dann so etwas wie: "Ich bin kein Hund, der ne Leckerchen braucht!". Oder aber Menschen haben das Gefühl, wenn Sie etwas oder jemanden hervorheben oder loben, dass sie sich selbst dadurch abwerten. Also als würde ein Kompliment zur Wohnung, oder zum Outfit der Freundin, gleichzeitig mit Neid oder eben Abwertung des eigenen Geschmacks einhergehen.
Auch Unzufriedenheit aufgrund mangelnder Unterstützung, eigener Überforderung oder fehlender Selbstliebe, kann uns hindern andere zu loben. Wir fühlen uns selbst ohnehin schon so klein: "Ihm oder ihr ist ja eh schon klar, dass er oder sie viel toller ist, als ich!" Ein verzerrtes Selbstbild und Selbstzweifel, die Idealisierung des Partners oder auch weitere Aspekte können es unglaublich erschweren Lob auszusprechen.

Fällt es Dir leicht Komplimente und Anerkennung zu verteilen? Ist es gar Deine Liebessprache? Oder gehörst Du zu denjenigen die Anerkennung eher ablehnen, nicht benötigen? Woran liegt es bei Dir? Es lohnt sicher herauszufinden, warum es vielleicht gar unangenehm für Dich ist, wenn Du ein Kompliment bekommst. Warum Du es vielleicht gar runterspielen, bagatellisieren oder gar zurückgeben möchtest? Wie viel Lob und Anerkennung hast Du bekommen, als Du jünger warst? Zu viel? Zu wenig?

2. Zweisamkeit (Interesse & Aufmerksamkeit)

Bei der Zweisamkeit geht es vor allem um Quality Time, nicht darum alles miteinander zu erledigen, wie den Einkauf, das Kochen, das Putzen, sondern um diese Zeit, in der man einander die ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen lässt. Diese zweite Sprache der Liebe wird häufig verkannt oder eben mit "Zeit verbringen / Nähe" zusammengefasst. Ich nutze am liebsten den Begriff der 'Interesse'. Denn wenn er die Kartfoffeln schält, während sie den Tisch deckt. Oder er sich rasiert, während sie sich die Zähen putzt ist das sicherlich so etwas wie Zweisamkeit, aber eben nicht die Zweisamkeit die hier gemeint ist. Bevor ich nun aber weitere 'nicht' Beispiele gebe, hier ein paar Beispiele für Zweisamkeit:

Gespräche und eben auch jede Art der Aktivität, die ungestörte, gemeinsame Gespräche ermöglichen. Ob das nun ein Spaziergang ist, ein Abend im Restaurant, beim gemeinsamen Kochen, ein Ritual abends im Bett vor dem Schlafen oder morgens beim ersten Kaffee, das spielt keine Rolle. Es kann aber auch eine gemeinsame Aktivität oder ein Projekt sein: Den Garten umgestalten, zusammen überlegen wie und dann in die Umsetzung kommen. Im Buch selbst, wird auch das Beispiel genannt, von der Frau die gerne im Buchladen stöbert und ihrem Mann, der selbst nicht liest, aber seine Frau begleitet und versucht ihren Geschmack zu treffen bei der Auswahl eines neuen Romans.

Das Problem: Menschen die selbst nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit gewohnt sind, geben meist nicht viel oder auch nur ungern etwas von sich preis. Sie haben vielleicht auch das Gefühl, dass ihre Gedanken nicht wichtig oder interessant sind. Sie möchten bescheiden sein und das Gegenüber entscheiden lassen, wie der Garten umgestaltet wird, was es zu Essen gibt oder auch welches Buch sich die Frau als nächstes zulegt. Auch empfinden sie Fragen und Neugierde eher als etwas Übergriffiges, wirken daher nicht sonderlich interessiert oder gar ignorant oder aber fühlen sich hinterfragt, wenn die Frau beispielsweise fragt, was er nach der Arbeit noch erledigt hat, was es zu Essen gab, oder wer ihm gerade geschrieben hat. (Ja, auch das können einfache Beispiele für Interesse sein, das ist nicht zwingend Kontrolle, sondern schlichtweg Liebe). Auch fällt es manchen Menschen schwer, sich für Dinge zu begeistern, die sie nicht verstehen, es ist anstrengend und müßig. Aufmerksamkeit lässt sich nur leider nicht heucheln. Und wenn man beim gemeinsamen Date oder abends im Bett dann zum Handy greift, kann das für denjenigen, dessen Sprache die Zweisamkeit ist, eine große Kränkung und Ablehnung bedeuten.

Jemand legt sich zusammen mit Dir ins Bett und sagt dadurch sozusagen "Ich liebe Dich" und Deine Reaktion ist der Griff zum Handy. Stelle Dir mal vor, Dein Partner oder Deine Partnerin würde das tatsächlich aussprechen und Du greifst daraufhin zum Smartphone. Vielleicht verstehst Du hierdurch die, aus Deiner Sicht vielleicht unverhältnismäßig starken Gefühle der Kränkung und des Ärgers, wenn Du auf Dein Handy schaust?

Und alleine diese soeben benannten Probleme mal zu hören, zu thematisieren, kann wie eine Art Gamechanger sein. Denn die Übersetzung der Sprache ist ja in beide Richtungen möglich. Klar, schöner ist es, wenn das Gegenüber Deine Sprache lernt und fließend spricht, aber auch Du kannst Dich vor solchen massiven Kränkungen schützen, indem Du das Smartphone im Bett eben nicht auf Dich beziehst. Und auch das vemeintliche Desinteresse am Garten, ist nicht gegen Dich gerichtet. In Deiner Sprache bedeutet es: Ablehnung, Ignoranz und dem Rückschluss, ich bin nicht wichtig und werde nicht geliebt. In der Sprache Deiner Partnerin oder Deines Partners allerdings bedeuten diese Handlungen, wie Dir die Gartenplanung zu überlassen 'Rücksichtnahme, Vertrauen und vielleicht gar Anerkennung, dass Du da ohnehin ein besseres Händchen hast. Und das Greifen nach dem Smartphone hat rein gar nichts mit Dir zu tun.

3. Geschenke

Eine sehr "leichte" Liebessprache, bei der der Tank recht schnell und ohne größere Hürden wieder aufgefüllt werden kann. Vielleicht kennst Du Menschen, die bei jedem Besuch eine Kleinigkeit für Dich dabei haben? Mal eine Blume, mal eine Parfümprobe, eine Tafel Schokolade, etwas Selbstgebackenes, Kaffee oder eine Karte. Vermutlich sprechen sie, Du vielleicht auch, die dritte Sprache der Liebe, nämlich die Sprache der materiellen Zuneigung. Hierbei geht es weniger um den finanziellen Wert der Geschenke, vielmehr darum, dass jemand sich Gedanken gemacht hat und Zeit investiert hat. Spricht Dein Partner oder Deine Partnerin diese Sprache, dann kannst Du durch das Mitbringen der Lieblingsschokolade beim Einkaufen, einer neuen Flasche Duschgel, wenn sich die alte dem Ende zuneigt oder ab und zu einer kleinen Karte zeigen, wie sehr Du ihn/sie liebst und wie viel er oder sie Dir bedeutet.

Das Problem: Es gibt eben Menschen, die finden es unangenehm ein Geschenk zu bekommen, sie haben dann das Gefühl, sie schulden dem Anderen etwas, fühlen sich schlecht, weil sie eben keinen großen Wert auf kleine Karten oder Schokolade legen und sich somit eher wünschen, dass diese kleinen Gesten aufhören, statt diese noch zu unterstützen. Ein Trennungsgrund, überspitzt formuliert, wäre also die Idee auf Weihnachtsgeschenke zu verzichten. tut ihr das bereits, ohne dass es danach komisch wurde, könnt ihr davon ausgehen, dass keiner von euch die Sprache der Geschenke spricht, um Liebe auszudrücken oder sich geliebt zu fühlen.

4. Hilfsbereitschaft

Die vierte Sprache der Liebe, ganz unwissenschaftlich betrachtet, sprechen zumindest in meiner Praxis viele Mütter.  Das hat aber weniger etwas mit der Sprache der Liebe und viel mehr mit den wachsenden Anforderungen an Frauen und Mütter zu tun (Eigenes Geld verdienen, selbst arbeiten, da ja oft nur in Teilzeit, gerne denn die Verantwortung für den Haushalt und die Kinder, was beides mit einer unsichtbaren Kopfarbeite (Mental Load) einhergeht, die weder delegiert werden kann noch groß gesehen und somit auch nicht anerkannt werden kann. Zusätzlich sollen die Frauen udn Mütter selbst, stets adrett gekleidet, liebevoll zu ihren Kindern, bedürfnisorietiert und sportlich sein, während die Herren der Schöpfung irgendwann gegen 18:00Uhr nach Hause kommen, den Tisch abräumen, eines der zwei Kinder ins Bett bringen und dann die Füße hochlegen und sich wundern, was ihre Frau noch so treibt (nur Hummeln in der Furt). Meist werden diese Anforderungen dann noch kombiniert mit einem hohen Bedürfnis nach 'Unabhängigkeit'  (weil die Elterngeneration eben noch nicht so frei und unabhängig war, und daher die eigenen Töchter versucht hat entsprechend zu prägen, damit sei es mal besser haben) und zu Guter Letzt haben sie dann noch einen Partner an ihrer Seite, der die Sprache der Zärtlichkeit oder des Lobes spricht. Statt Unterstützung, bekommen sie Komplimente oder werden befummelt - mal ganz platt ausgedrückt.

So, sorry für diesen Exkurs, zurück zum Thema. Mir ist nur wichtig, dass hier nicht rasch Rückschlüsse auf die Liebessprache gezogen werden, weil die Frau sich über mangelnde Hilfe im Haushalt beschwert, das kann ganz andere Gründe haben.

Menschen die diese 4. Sprache der Liebe sprechen, fühlen sich geliebt und zeigen ihre Liebe durch Unterstützung, Fürsorge und Hilfsbereitschaft. Sie bieten an, eine Aufgabe zu übernehmen, fahren gerne einen Umweg am Briefkasten vorbei oder erstellen einen Lebenslauf für ihren Partner oder ihre Partnerin. Manchmal auch ganz ohne Aufforderung. Mal sind es kleine Gesten, wie die Tür aufhalten, die Tüte abnehmen oder eben Angebote der Unterstützungen.

Das Problem: Diese Hilsbereitschaft kann schnell missverstanden werden, als Bevormundung oder ein Mangel an Vertrauen in die Fähigkeiten des Gegenübers interepretiert werden. Auch können solche Angebote oder eben konkrete Hilfestellungen als Grenzüberschreitend erlebt werden. Ich nenne es gerne fürsorgliche Grenzüberschreitungen. Es gibt viele Menschen, die Schwierigkeiten haben, um Hilfe zu bitten. Oder aber das zwar tun könnten, aber dann ja nicht das Bedürfnis des 'Gesehen werdens' oder eben 'Geliebt werden's gestillt wird. Stell Dir vor, Du fühlst Dich ungeliebt und würdest Fragen: "Liebst Du mich noch?" Und der Andere sagt: "Ja, mach ich gleich!" Ungefähr so fühlt es sich für jemanden an, dessen Sprache die 'Hilfsbereitschaft' ist. Das Fragen oder Bitte um Hilfe, ist äquivalent zu der Frage: Liebst Du mich noch? Klar, Du kannst vielleicht keine Gedanken lesen, aber wenn es sich hier um die Liebessprache Deines Partners oder Deiner Partnerin handelt, dann kannst Du lernen regelmäßig Hilfe anzubieten, in ihrem oder seinem Fall ist das dann eben auch keien Grenzüberschreitung oder gar Abwertung, sondern eine Zuneigungsbekundung.

Je nach Kombination kann es hier auch rasch sehr explosiv werden, ich habe es bereits angedeutet, aber nehmen wir mal die verschiedenen Liebessprachen in der Kombination:

Er (Anerkennung) und Sie (Unterstützung). Er möchte Lob, dafür wie toll er ist und sie fragt ihn, ob er Hilfe braucht. Autsch. Andersrum mindestens genauso schmerzhaft. Er bewundert sie und benennt es auch so, sie fühlt sich unverstanden und einsam, ihr wird suggeriert: Er liebt mich nur, wenn ich stark bin und funktioniere. Ständig betont er das, statt mich mal zu fragen, ob ich Hilfe brauche.

5. Zärtlichkeit (Nähe & Sexualität)

Kennst Du das Glückshormon "Oxytocin"? Es ist das sogenannte Kuschel- und Bindunsghormon, es wird bei angenehmen Körperkontakt ausgeschüttet und ist nicht nur wichtig und relevant bei der Mutter-Kind-Bindung, sondern bei der Bindung in jeder Beziehung. Die Natur hat es sogar so eingerichtet, dass wir, wenn wir verliebt sind, kaum die Finger voneinander lassen können, sodass wir uns miteinander verbinden. Durch diese Verbundenheit fällt es uns leichter uns sicher zu fühlen, so sicher, dass wir uns auch mal schwach zeigen können oder eben von einer nicht so attraktiven Seite. Diese körperliche Nähe wirkt sich eben auch auf unsere emotionale Verbindung aus. Wenn also die Schmetterlinge im Bauch langsam nachlassen, ist es im Idealfall weniger aufregend, dafür aber vertraut und Halt gebend. Die fünfte Liebessprache ist die Sprache der Zärtlichkeit und Nähe. Menschen die diese Sprache sprechen, fühlen sich durch eben solche kleinen Gesten wie Händchenhalten, eine Umarmung oder flüchtige Berührungen im Vorbeigehen geliebt. Aber auch durch Sexualität, die höchste udn nahste Form der Zärtlichkeit.

Das Problem: Es gibt da einen entscheidenen Unterschied, der meist abhängig vom Geschlecht ist. Ausnahmen bestätigen die Regel. Männer stellen über körperliche Nähe emotionale Verbundenheit her. Frauen benötigen emotionale Verbundenheit um körperliche Nähe zuzulassen. Vor allem, wenn wir uns eben außerhalb des balzenden Bindungsverhalten eines frisch-verliebten Paares bewegen. Wenn nun der Mann diese 5. Sprache der Liebe spricht, sich ungeliebt fühlt und somit auf Distanz geht, weniger aufmerksam, unglücklich und frustriert ist oder aber ausschließlich nach Nähe sucht, Anerekennung, Geschenke, Unterstützung und Interesse aber vollkommen ausbleiben. Dann ist es für die Frau fast unmöglich körperliche Nähe herzustellen, zu forcieren oder eben zuzulassen. Eben weil sie eine andere Sprache spricht und es ihr an soeben genannter Auflistung fehlt, sodass sie seine Nähe nicht ertragen kann. In Fernbeziehungen kann der Mangel an körperlicher Nähe, bedingt durch die Distanz für massive Verunsicherung sorgen, weil Briefe, Gesten oder nette Nachrichten den Tank einfach nicht auffüllen.

Vielleicht wunderst Du Dich nun darüber, dass ich hier einerseits Wissen zusammenfasse und Dir die Sprachen der Liebe erkläre, gespickt mit ein paar Erfahrungen aus meinem Paartherapeutischen Alltag aber nach der Würdigung der möglichen Probleme keine Lösung anbiete?

Ja, ich erkläre nicht "Wie?", denn das ist frustrierend, für Dich, für mich und auch für die Paare in der Praxis. Ich will verstehen Warum? Eine Erklärung, das vertiefte also emotionale Verstehen, sorgt für Mitgefühl und Akzeptanz, worauf unweigerlich eine Veränderung folgt. Eine Veränderung der Perspektive, des Verhaltens, der Dynamik, des Denkens oder auch der Motivation und des Fühlens. Hier liefere ich Dir und euch Anregungen und Impulse, die euch helfen einander zu verstehen, kennenzulernen und vielleicht auch Missverständnisse, Frustration und Kränkungen aufzulösen. Aber dennoch gibt es noch ein Fazit und auch die Auflösung vom oben genannten Beispiel. Vorab würde ich aber gerne noch eine Sprache ergänzen, die ich bei Dr. Nicole Lepera gelesen habe und die ich aus meiner Erfahrung absolut unterstreichen kann:

Ergänzung: Die 6. Sprache der Liebe "Rückversichern"

Menschen die unsicher gebunden sind, Opfer emotionaler oder körperlicher Gewalt waren, unberechenbare Bezugspersonen hatten, oder / und andere traumatische Erfahrungen erleben mussten benötigen oft mehr Sicherheit in Beziehung als Du es vielleicht gewohnt bist. Und vielleicht fühlst Du Dich gerade gesehen, je nachdem welche Erfahrungen und Themen Du so mitbringst. Diese Menschen fragen vielleicht öfter mal nach, ob alles okay ist. Ob das Essen wirklich schmeckt. Ob es wirklich in Ordnung ist, wenn sie später kommen. Sie entschuldigen sich öfter und bitten häufiger um Erlaubnis. 

Warum? 

Weil Sie gelernt haben feinste Schwingungen zu lesen, vom Schlimmsten auszugehen und eben alles auf sich beziehen (Du hast schlechte Laune und bist genervt von der Arbeit? Deine Gegenüber verhält sich nun vielleicht besonders liebevoll oder besonders distanziert, weil es Deine Stimmung auf sich bezieht und entweder Dich besänftigen möchte, oder aber sich schonmal schützt. Beides passiert eher unbewusst und diente schon früh dem eigenen Schutz oder aber wurde antrainiert, indem man permanent die Schuld bekam, der Frust an einem ausgelassen wurde, oder aber man eine Elternteil vor dem Anderen beschützen musste.

Das Problem: Viele fühlen sich bei der Frage: "Liebst Du mich noch?" oder auch dem Nachhaken, ob alles okay ist, genervt und  gar schuldig. Als würde der andere nicht ehrlich Fragen sondern eigentlich einen Vorwurf formulieren. Versucht hier besonders behutsam miteinander umzugehen. Durch stetige Bestätigung, Verständnis und Akzeptanz, lassen sich solche Erfahrungen korrigieren.

Deine schlechte Laune ist nicht das Problem, sondern eher eine Art Auslöser für entweder Angst oder auch besondere Anstrengung. Und die Tatsache, dass sich jemand nicht geliebt fühlt, ist eben auch nicht zwangsläufig Deine Schuld, sondern hat mehr mich ihm/ihr zu tun. Doch das Ziel ist ja ein gemeinsames: Dass ihr euch beide sicher, verstanden, gesehen und gehört fühlt. Nur der Weg ist, wie in dieser Folge hoffentlich deutlich wurde, eben nicht immer der Gleiche oder gar Selbe.

Das Fazit & die Auflösung

Wenn man die Sprachen der Liebe als Paar klar hat und versteht, kann man einerseits die Handlung des Anderen übersetzen und andererseits den Partner und dessen Bedürfnisse verstehen und die Sprache lernen.

Gleichzeitig dienen diese Sprachen wie bereits angedeutet sicherlich nicht der Heilung einer Ehekrise und das permanente Übersetzen ist anstrengend und ohne es vertieft zu verstehen auch frustrierend. In der Paartherapie „scheitern“ Sitzungen, in denen ausschließlich die Sprachen der Liebe zum Thema gemacht werden oft langfristig, denn so einfach ist es eben nicht. 

Keine Diagnose, keine Theorie, keine Standards können unsere komplexe Psyche, unsere Persönlichkeit und unsere Erfahrungen abbilden. 

Die Sprachen der Liebe sind ein netter Eisbrecher - nicht mehr und nicht weniger. Gerade bei Krisen nach langer Zeit ist es ja schwierig einfach zu dem Schluss zu kommen: 

„Ihr sprecht wohl ne andere Sprache“ „Ach? Und warum lief es 20 Jahre lang gut?“

Warum erwähne ich sie dann dennoch? Weil sie empirisch untersucht und durchaus bestätigt wurden. Es ist was dran an Chapman’s Theorie, keine Frage. In akuten Krisen, kann die Theorie und deren Schlussfolgerungen helfen, dass der „Tank der Liebe“, wie Chapman es nennt, wieder aufgefüllt wird, um Zuwendung wieder zu ermöglichen und somit eine Basis des Verstehens wieder ermöglicht wird.

Ich greife das Beispiel von oben nochmal auf. Das Paar kommt zu mir und beide beschreiben das gleiche Problem: „Ich fühle mich nicht gesehen, nicht gehört und nicht verstanden. Die Leichtigkeit fehlt. Ich wünsche mir mehr Harmonie. Ich frage mich, ob er/sie mich noch liebt.“

Und obwohl da diese 2 Menschen exakt das Gleiche wollen und das Gleiche vermissen, sind sie unzufrieden, frustriert, verzweifelt und hilflos. Sie fühlt sich allein gelassen, versucht ihm wo es nur geht den Rücken frei zu halten und wünscht sich Unterstützung. Er ist einsam, er erkundigt sich oft nach dem Wohlbefinden seiner Frau und verleiht seiner Bewunderung Ausdruck und wünscht sich etwas mehr Anerkennung für das was er tut, bekommt aber eben immer nur zu hören, was er alles nicht tut und versäumt.

„Toll wie er immer sagt, was ich alles leiste… und mich fragt, wie es mir geht…ts. Davon wird die Wäsche auch nicht sauber. Ich bin gestresst!!! Kann ich noch deutlicher Formulieren das ich mir Unterstützung wünsche?“

„Ständig fragt sie ob sie mir helfen kann, statt einfach mal zu sehen, wir ich das alles wuppe oder sich für mich zu interessieren, verbreitet sie nur schlechte Stimmung, sagt sie sei gestresst und bietet mir dennoch Hilfe an, wie paradox! Und davon ab gibt sie mir dadurch das Gefühl ich schaff‘s alleine nicht, ich fühl mich wie ein kleiner Junge!“

Vielleicht ist es Dir jetzt nochmal klarer geworden, wie die Sprachen der Liebe für Missverständnisse und Frust sorgen können. Insbesondere die Kombination aus 'Unterstützung' und 'Lob' ist besonders explosiv, weil Unterstützung sich eben für denjenigen der sich Lob wünscht, anfühlt, wie das Gegenteil: "Denkt sie wirklich, ich würde das nicht alleine hinbekommen?" 

Während die Frau, die niemanden braucht, der ihr den Kopf tätschelt, sich eben Unterstützung wünscht und sich irgendwann ganz schön veräppelt vorkommt, wenn sie permanent um Hilfe bittet, aber meist nur zu hören bekommt, wie toll und stark sie doch ist und ja alles alleine schafft.

Ich kann beide sehen. Ich höre beide. Ich verstehe beide.

Du auch?

Für Sie scheint Liebe vor allem etwas mit Unterstützung und Fürsorge zu tun zu haben. Ihm geht es eher um Anerkennung und Lob.

Diese Erkenntnis kann sehr entlastend, wenn auch nicht allumfassend und lösend, sein. Es ist sozusagen der Energieriegel, für Verhungernde, kurzfristig deckt er den Bedarf, langfristig sollte dieser durch ausgewogene und gesunde Ernährung mit ganz natürlichen Lebensmitteln gedeckt werden. 

Denn für die Liebe bedarf es keiner Regeln, Grenzen und Pläne, Liebe ist intuitiv doch manchmal verlieren wir unsere Intuition oder durften ihr nie freien Lauf lassen. Aus Angst, aus Schutz oder/und aus Mangel an bedingungsloser Liebe in der Kindheit.

Komplexer und somit auch nicht ganz so einfach ist die Frage:

Welche Muttersprache* der Liebe sprichst Du?

So oder so machen wir unsere ersten Erfahrungen mit der Liebe nicht erst in der Pubertät, sondern bereits als Baby, Kleinkind und Kind. In diesen ersten Lebensjahren werden viele Aspekte ‚unserer Persönlichkeit‘ geprägt.

Wie reagierten unsere Eltern oder Bezugspersonen auf unsere Bedürfnisse? Wie und womit wurden wir getröstet? Wurden wie getröstet? Wie wurden uns unsere Grenzen aufgezeigt? Gab es welche? Wie und wann wurden wir geliebt? Immer, oder vor allem wenn wir brav, lieb und angepasst waren? Gab es Gefühle und Bedürfnisse die „unerwünscht“ waren? Wurden wir erZOGEN oder begleitet? Hatten wir Angst, statt Respekt? Wie fühltest Du Dich als Kind? Ausgeliefert und bevormundet? Beschützt und bestärkt? Waren Deine Eltern, oder einer von ihnen, sehr mit sich oder miteinander beschäftigt? Konnten sie Dir, aufgrund der Umstände, nicht geben, was Du brauchtest? Haben sie Dir alles gegeben und ermöglicht? Wolltest Du so werden wie das (vielleicht) idealisierte Elternteil? Wolltest Du unter keinen Umständen so werden wie Mama oder Papa?

Viele Deiner heutigen Themen können sich vielleicht mit dieser ersten „Sprache der Liebe“ erklären und verstehen lassen. Der Ursprung vieler Ängste und Schutzstrategien kann hiermit vielleicht verstanden werden. Und vor allem, so jedenfalls meine Erfahrung, haben wir alle unsere Themen und Baustellen aus der Kindheit. Ja, vielleicht fühle ich mich durch Lob und Anerkennung geliebt, vielleicht ist das aber auch ein Folge eines emotional nicht verfügbaren Vaters? In dem Fall opfere ich mich in der Beziehung vielleicht auf, weil ich Fürsorge und Unterstützung eben mit Schwäche und Scheitern gleichsetze - obwohl ich mir insgeheim Unterstützung wünsche? Würde ich oder würdet ihr, ausschließlich mit den Sprachen der Liebe arbeiten, so könnte es passieren, dass destruktive Muster, die latenten Schaden anrichten, im Inneren, verstärkt werden. Eine Korrektur eurer Bindungserfahrungen bliebe aus. Auch für den Partner kann es frustrierend sein, wenn er/sie nie gebraucht wird, weil Du ja alles alleine schaffen musst. 

Nutzt also gerne Impulse, Bücher, Podcasts oder kurze Videos als Impulse, um ins Gespräch zu kommen miteinander,  nicht übereinander. Versucht zu verstehen, seid mutig, traut euch, einander zuzumuten, redet über eure Wünsche, Bedürfnisse, vorangegangen Beziehungen, über die erste Beziehung zu euren Eltern, lernt euch kennen, verbindet euch und versucht die Andersartigkeit zu verstehen und zu akzeptieren. Und falls ihr mal Hilfe und Unterstützung bei der Übersetzung braucht, ich als Paartherapeutin bin weder Richterin noch Anwältin, sondern sehe mich ohnehin als Übersetzerin und spreche nicht nur die verschiedenen Sprachen der Liebe.

*Da es das Wort „Muttersprache“ tatsächlich gibt, habe ich es gewählt, nicht um zu signalisieren, dass diese Verantwortung ausschließlich bei der Mutter/Mama/Frau die Dich zur Welt gebracht hat liegt.

 
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